„Einfach angefangen“ - Evangelische Kirchengemeinde feiert 150-jähriges Bestehen

Leiteten gemeinsam den Festgottesdienst: Pfarrer Thomas Huber, Regionalbischof Thomas Prieto Peral und Pfarrer Florian Herrmann.
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Bad Reichenhall. „Menschen haben einfach angefangen“ – so brachte Regionalbischof Thomas Prieto Peral in seiner Festpredigt den Beginn der evangelischen Gemeinde in Bad Reichenhall auf den Punkt. Der Bischof war aus München angereist, um mit der Gemeinde in einem Festgottesdienst den 150. Jahrestag ihres Bestehens zu begehen.
Am 23. Februar 1875 war die Kirchengemeinde offiziell gegründet worden, noch bevor es ein eigenes Gotteshaus oder auch nur eine Pfarrstelle gab. Ihr Gebiet reichte damals über die Kurstadt hinaus bis zum Königssee und zum Chiemsee. Das ehrenamtliche Engagement der evangelischen Bürger in Bad Reichenhall gab den Anstoß zu der Gründung, und was mit einzelnen Gottesdiensten für Urlauber in den 1850ern begonnen hatte, bekam so eine feste Gestalt. Das Jubiläum beging die Kirchengemeinde mit einem festlichen Gottesdienst in der vollbesetzten Evangelischen Stadtkirche mit vielen Gemeindegliedern und einigen Ehrengästen, darunter Staatsministerin Michaela Kaniber....

An der Spitze des Einzugs waren die Kindergottesdienst-Kinder mit bunten Fähnchen in die Kirche eingezogen. Motettenchor und Jugendchor gestalten die Liturgie festlich aus. Zusammen mit dem Regionalbischof standen die beiden Ortspfarrer Florian Herrmann und Thomas Huber der Feier vor. Bewusst hatte die Kirchengemeinde einen ökumenischen Akzent gesetzt: Der katholische Dekan Markus Moderegger las das Evangelium, Pastoralreferentin Constanze Bär von der katholischen Stadtkirche die Fürbitten. Auch russisch-orthodoxe und altkatholische Gäste waren vertreten.

In seiner Predigt stellte Prieto Peral die Anfänge der Evangelischen in Bad Reichenhall neben den biblischen Bericht von der ersten Taufe in Europa, im griechischen Philippi. Hier wie dort seien es „Menschen, die sich von Gottes Wort rufen lassen und denen Gott das Herz auftut“ – mit ihnen entstehe und lebe die Kirche. Ein politischer Akzent in der Predigt kam aus der persönlichen Erfahrung des Regionalbischofs: Die Route der Apostel übers Mittelmeer nach Philippi sei die gleiche wie die vieler Flüchtlinge Richtung Europa. Auch eine Familie, die Prieto Peral in einem nordirakischen Flüchtlingslager kennen gelernt hatte, war später auf dieser Route ertrunken.

Im Anschluss an den Gottesdienst hatten die Besucher im vollen Saal neben der Kirche Gelegenheit, beim Kaffee ins Gespräch zu kommen. Dekan Moderegger griff in seinem Grußwort die politischen Fragen auf, die in der Luft lagen – fiel das Jubiläum doch auf den Tag der Bundestagswahl. Moderegger rief dazu auf, dem Hass keinen Raum zu geben. Grüße kamen außerdem von Oberbürgermeister Christoph Lung, vom katholischen Stadtkirchenrat sowie den altkatholischen und orthodoxen Schwesterkirchen. Ganz inkognito hatte sich ein Bischof der Kirche von Norwegen unter die Gottesdienstgemeinde gemischt, der mit seiner Frau zum Urlaub in der Kurstadt weilt. Er nutzte die Gelegenheit, beim anschließenden Mittagessen mit den übrigen Geistlichen ins Gespräch zu kommen – und unterstrich so, was schon die Anfänge der Kirchengemeinde geprägt hat: den engen Zusammenhang zwischen dem Urlauberort Bad Reichenhall und dem evangelischen Gemeindeleben.