Der gute Hirte steht in der Idylle
erschienen im Berchtesgadener Anzeiger vom 18.06.2018 - Redakteur: Christoph Merker
Ramsau – In einem feierlichen Festgottesdienst feierte man gestern das 60-jährige Bestehen der evangelischen Kirche »Zum Guten Hirten« in der Ramsau. Das Gotteshaus war für die Einheimischen, aber auch in Hinblick auf die evangelischen Gäste 1958 gebaut worden. Mit seiner zeitlosen Architektur passt sich das Gebäude wunderbar in das Ramsauer Dorfensemble ein.
Idyllischer hätte es nicht sein können, denn das vorwitzige Krähen eines Hahns begleitete den Beginn des Festgottesdienstes in der Kirche »Zum Guten Hirten«. Zahlreiche Gottesdienstbesucher waren gekommen, um dieses besondere Jubiläum zu feiern. Pfarrer Peter Schulz begrüßte alle Anwesenden und berichtete nicht ohne Stolz von dem »Facelifting«, das die Sechzigjährige in den letzten Tagen bekommen hatte. Der Pfarrer erinnerte an den Architekten Gustav Gsaenger, der die Kirche geplant hatte. »Es sollte eine Kirche sowohl für Einheimische als auch für Sommerfrischler werden.«
Die Kirche in der Ramsau hat die Veränderungen im Urlaubsverhalten erlebt, doch in ihrer Bedeutung für die Menschen vor Ort ist sie gleich geblieben. Passend zum Namen der Kirche wurde Psalm 23 im Wechsel gesprochen. Der bekannte Psalm, in dem der Herr als Guter Hirte angerufen wird.
In seiner Predigt ging Dekan Peter Bertram auf die Geschichte der Kirche ein. Dem damaligen Kirchenvorstand sei durchaus bewusst gewesen, dass in so einer kleinen evangelischen Gemeinde wie in der Ramsau ein eigener Kirchenbau nicht zu verantworten wäre. Doch in seinem Schreiben an den Landeskirchenrat konnte der Kirchenvorstand einige plausible Gründe anführen. Denn in der Kirche St. Sebastian wäre erst nach 11 Uhr am Sonntag ein evangelischer Gottesdienst möglich. Als Alternative böte sich die Kapelle Maria Kunterweg an. Aber einerseits sei der Anstieg sehr steil und andererseits könnte man wohl kaum einen evangelischen Gottesdienst in einer Kirche feiern, in der die Vertreibung der Protestanten durch ein Deckengemälde verherrlicht würde. Also bräuchte es aus psychologischen und praktischen Erwägungen heraus einen Kirchenneubau in der Ramsau. Zudem hatte man neben den Einheimischen auch die Gäste im Blick.
Am 21. Dezember 1957 konnte Richtfest gefeiert werden und am 27. Juli 1958 schließlich die Einweihung der Kirche. »Die Kirche steht in einer landschaftlich einzigartigen Lage«, betonte Dekan Bertram. »Die Architektur ist zeitlos und fügt sich wunderbar in die Landschaft ein. Hier ist etwas gelungen, das Bestand hat und was die Menschen in ihrem Herzen erreicht.« Der Name der Kirche passe wunderbar in ein Bergsteigerdorf hinein. Dekan Bertram zitierte den ehemaligen Bischof von Innsbruck, Reinhold Stecher, der gesagt hat: Viele Wege führen zu Gott. Einer geht über die Berge. Die Kirche liefere ein Bild des Vertrauens und der Geborgenheit. »Das Bestehen seit 60 Jahren ist ein Geschenk«, betonte der Dekan.
In seinem Grußwort erinnerte Bürgermeister Herbert Gschoßmann an die Geschichte der Protestanten in der ehemaligen Fürstpropstei. »Die Kirche steht in guter Nachbarschaft zu St. Sebastian«, stellte der Bürgermeister fest. Er überbrachte die Grüße der Gemeinde Ramsau und die Glückwünsche zum Jubiläum.
An der Liturgie waren neben Pfarrer Peter Schulz und Dekan Peter Bertram auch Pfarrer Christian Gerstner und Prädikant Rolf Bechtel beteiligt. Begleitet wurde der Gottesdienst an der Orgel von Monika Nestle und an der Geige von Roland Beier, der die Einzugsmusik auch selbst komponiert hat. Für manche Protestanten überraschend kamen die Böllerschüsse am Ende des Gottesdienstes. Doch zeigen sie, wie gut die Verwurzelung der evangelischen Kirche in der Ramsau ist. Nach dem Gottesdienst wurde das Jubiläum bei schönstem Wetter ausgiebig rund um die Kirche gefeiert. Es wurde gegrillt, Kaffee und Kuchen gegessen und vor allem viel miteinander geredet.
Foto: Festlich geschmückt waren Kirche und Umgebung zu den Jubiläumsfeierlichkeiten (Foto: Merker)