„Es lohnt sich hinzuschauen“ - Eine Pfarrstelle fällt in Bad Reichenhall weg
erschienen am 23.01.23 im Reichenhaller Tagblatt, Text und Bild: C. Anton
Mit einer gemeinsamen Predigt haben sich Claudia und Andreas Buchner am Freitagabend von der Gemeinde der Evangelischen Stadtkirche verabschiedet. Nach drei Jahren in Bad Reichenhall wechselt das Pfarrersehepaar, dessen Schwerpunkt die Kur- und Klinikseelsorge war, nach Ruhpolding. Das hängt auch damit zusammen, dass in der Kurstadt eine Pfarrstelle gestrichen wurde.
Sie waren gerne hier, auch wenn es sie nach drei Jahren schon weiterzieht, betont Andreas Buchner im Gespräch mit der Heimatzeitung. Dass sie in kurzer Zeit viel Gutes bewirkt haben und mit ihrer Art auf Menschen zuzugehen die Zusammenarbeit einfach machten, dafür dankten nach dem Gottesdienst der Reichenhaller Klinik-Standortleiter Stefan Prawda, Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung, der katholische Stadtpfarrer Markus Moderegger und Renate Grassl vom Kirchenvorstand.
Kur- und Klinikseelsorge ans Dekanat angegliedert
Die Buchners hatten vorher in ihrer Predigt zur Jahreslosung „Du bist ein Gott, der mich sieht“ auf das zurückgeblickt, was sie in den vergangenen drei Jahren in Bad Reichenhall gesehen haben – etwa die vielen Ehrenamtlichen, die sich „mit Herz und Verstand“ in der Gemeinde engagieren, Menschen im Krankenhaus, die für jeden Blick dankbar waren, viele schöne Berggottesdienste sowie Kirchenmusiker „mit großer Liebe zum Detail“. Letzteres war auch beim Abschiedsgottesdienst zu hören, den Matthias Roth an der Orgel und Nikola Curovic an der Trompete mitgestalteten.
„Gesehen“ und geschätzt hat das Pfarrerspaar in der Kurstadt auch die Arbeit der Evangelischen öffentlichen Bücherei und des Familien-Teams, die Zusammenarbeit mit ihren evangelischen Kollegen sowie den ökumenischen Austausch und die Kooperation mit der Stadt.
Immer weniger Besucher in den Gottesdiensten
Zum Rückblick der Buchners zählte aber auch die Feststellung, „dass immer weniger Menschen die Gottesdienste besuchen“, dass jeder Austritt wehtue und dass „Stellenkürzungen auch hier notwendig“ seien. Zum Hintergrund: Die Evangelische Landeskirche hat erstmals seit 2010 ihre Stellenplanung überarbeitet. Für den De-
kanatsbezirk Traunstein verbleiben nunmehr 40,5 Stellen, früher waren es 43,75. In Bad Reichenhall verbleiben zwei von drei Pfarrstellen, die von Dr. Florian Herrmann und Thomas Huber.
Dass die dritte Pfarrstelle, die sich die Buchners geteilt hatten, nun wegfällt, heißt aber nicht, dass die Kur- und Klinikseelsorge gestrichen wird, erklärt Andreas Buchner. Allerdings wird Diakon Markus Sellner, der diese Aufgaben künftig übernimmt, organisatorisch ans Dekanat angegliedert sein, nicht mehr an die Reichenhaller Gemeinde. Er wird im Gegensatz zu den Buchners also kein Seelsorgesprengel übernehmen – davon gibt es künftig nur noch zwei.
Gerade erst zum zweiten Mal Eltern geworden
Für das Pfarrersehepaar war die Umstrukturierung ein Grund, sich nach einer Alternative umzuschauen. Sie sind froh, dass im nahen Ruhpolding eine Stelle frei wurde, bei der sie neben der Tourismusseelsorge vor allem in der Familien- und Jugendarbeit wirken können, „eine Chance, die gut zu unserer Lebensphase passt“, wie Andreas Buchner sagt: Die beiden sind im November zum zweiten Mal Eltern geworden und stecken mit Sohn Jakob und Tochter Johanna jetzt schon mitten im Umzug. Dabei sind sie dankbar, in der Region bleiben zu können und „keinen kompletten Neuanfang“ wagen zu müssen.
Dass die beiden dem Dekanat erhalten bleiben, darüber freute sich auch Dekan Peter Bertram, der zur Verabschiedung am Freitag nach Bad Reichenhall gekommen war. Claudia und Andreas Buchner hätten „in vielfältiger Art und Weise Gottes Liebe und Treue bezeugt“, lobte er ihr Wirken in der Kurstadt. „Sie haben beide viel gesehen und erlebt in kurzer Zeit“, fügte er hinzu und nannte auch das „Familie werden und größer werden in so bewegten Zeiten“.
„Es kommen immer wieder gute neue Zeiten“
Claudia und Andreas Buchner haben laut Bertram Verantwortung in schwierigen Zeiten übernommen, sich herausfordernden Aufgaben gestellt, sprangen als Vertretung ein und „lamentierten nicht“, als sich dann abzeichnete, dass eine Pfarrstelle gestrichen wird. Sie seien nicht ängstlich, sondern selbstbewusst in Veränderungsprozesse hineingegangen, so der Dekan.
Zum Abschied aus Reichenhall haben die Buchners noch einmal gezeigt, dass sie „super abgestimmt arbeiten und gemeinsam Gottesdienst feiern können“, lobte Bertram. Das wollen sie ab Februar in Ruhpolding fortsetzen. Ihre letzte gemeinsame Predigt in Reichenhall schlossen sie voll Zuversicht: „Es lohnt sich hinzuschauen“, sagten sie, und: „Es kommen immer wieder gute neue Zeiten.“